Corporate Governance im Mittelstand
Allgemein subsumiert man unter dem Begriff „Corporate Governance“ (CG) eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung. Hierbei zählt das eingerichtete (rechnungslegungsbezogene) interne Kontrollsystem („IKS“) neben dem Compliance Managementsystem, Risikomanagementsystem und Revisionssystem zu den integralen Bestandteilen einer guten CG.
Das interne rechnungslegungsbezogene Kontrollsystem kann in sechs Grundelemente (Kontrollumfeld, IKS Ziele, Risikobeurteilung, Kontrollaktivitäten, Information & Kommunikation, Überwachung) eingeteilt werden. Die Kontrolle & Überwachung lässt sich hierbei in prozessunabhängige und prozessintegrierte Maßnahmen einteilen (siehe hierzu IDW PS 261).
Ein angemessenes und funktionsfähiges rechnungslegungsbezogene IKS kann in der Regel die nachfolgenden positiven Effekte haben:
- Ordnungsgemäße und verlässlichere Finanzinformationen durch vollständige und richtige Abschlüsse und Lageberichte
- Erhöhung der Effizienz der betrieblichen Abläufe aufgrund der detaillierten Dokumentation der Unternehmensprozesse und des hierdurch gewonnen Verständnisses über die Geschäftstätigkeit
- Eine detaillierte und vollständige Prozessdokumentation ermöglicht die Erfassung sämtlicher wesentlicher Betriebsrisiken in den Haupt- und Unterstützungsprozessen (Einkauf, Verkauf, Produktion, Finanzen, Steuern, Personal, etc.)
- Steuerung und (frühzeitige) Überwachung der Unternehmensrisiken
- Steuerungs- und Entlastungsfunktion für Geschäftsführungs- und Überwachungsorgane (§§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG, 43 Abs. 1 GmbHG)
- Erhöhung der Kreditwürdigkeit und Senkung der Kapitalbeschaffungskosten gegenüber Kapitalgebern
- Senkung der Abschlussprüfungskosten
Die Neueinführung (oder erstmalige vollständige Dokumentation) eines rechnungslegungsbezogenen IKS kann in die nachfolgenden Projektphasen unterschieden (bei punktuellen Verbesserungen eines bestehenden IKS sind nur einzelne Tätigkeiten relevant) werden:
Phase 1: Zielsetzung und Aufnahme
Wesentlich für die Qualität des IKS ist die Einstellung der Geschäftsleitung und der Aufsichtsorgane (sofern vorhanden), welche sich wiederrum im Stellenwert des Steuerungs- und Kontrollsystem im Unternehmen wiederspiegelt. Die jeweilige Ausgestaltung und Tiefe ist dann u.a. auch abhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell.
Ausgehend von deren Zielsetzung (Ziele in Verbindung mit der internen und externen Berichterstattung) wird der Rahmen für Umfang und Tiefe des IKS bestimmt. Danach erfolgen eine IST-Aufnahme des bestehenden Kontrollsystems und ein Vergleich mit ausgewählten Benchmarks. Auf Basis eines Projektplans erfolgt sodann die Entwicklungsarbeit.
Neben den Zielen ist darauf zu achten, dass die Prinzipien eines ordnungsgemäßen IKS eingehalten werden:
- Prinzip der Funktionstrennung (Trennung zwischen ausführenden, buchenden und verwaltenden Tätigkeiten)
- Vier-Augen-Prinzip (Ausführung vs. Überwachung)
- Prinzip der Transparenz (korrekte Ausführung durch dokumentierte Soll-Prozesse und Kontrollen)
- Prinzip der begrenzten Information (Mitarbeiter sollten nur Information für ihre konkrete Aufgabe beziehen können)
Phase 2: Entwicklung
Die Phase 2 ist grundsätzlich durch folgende Tätigkeiten gekennzeichnet:
- Ausgehend von aktuellen internen und externen Finanzinformationen (Key Performance Indicators, Bilanz/Gewinn-und Verlustrechnung/Anhang/Lagebericht) werden die wesentlichen Unternehmensprozesse und deren Tätigkeiten mit Hilfe von Fragebögen aufgenommen und dokumentiert
- Bestimmung und Beschreibung der wesentlichen Prozessrisiken, den Kontrollzielen sowie den notwendigen Kontrollmaßnahmen, welchen diesen Zielen entgegenstehen könnten.
- Verknüpfung der im Rahmen des Risikomanagementsystems und Compliance-Managementsystems identifizierten Unternehmensrisiken bzw. rechtlichen Risiken mit ihren geplanten Kontrollmaßnahmen (sofern vorhanden)
- Zuordnung der Aufgaben und Verantwortung an Mitarbeiter
- Implementierung klarer Kommunikationsregeln an Geschäftsleitung und/oder Aufsichtsorgane
Phase 3: Einsatz im Unternehmen
Das entwickelte IKS wird im Betrieb eingesetzt. Die Durchführung der Kontrollmaßnahmen sowie deren Dokumentation werden nach Einführung für eine bestimmte Zeit begleitet. Hierdurch soll einerseits die Effizienz der Kontrollmaßnahmen als auch deren Angemessenheit und Wirksamkeit sichergestellt werden.
Phase 4: Überwachung des IKS
Nach Einführung des IKS sollte dieses durch die gesetzlichen Vertreter, Interne Revision oder externe Berater kontinuierlich überwacht werden. Dies ermöglicht eine nachhaltige Wirksamkeit sowie dessen laufende Anpassung an wesentliche interne und externe Veränderungsprozesse.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer konkretisiert seine Anforderungen in einem aktuelleren EPS 982 mit Stand vom 14.06.2016.
Sprechen Sie uns gerne an, sofern Fragen zu einzelnen Phasen bestehen.
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